michael bürkle

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Michael Bürkle

Ein Friedensplan?

Heute im Standard: ein ukrainisches Friedensangebot: Neutralität und eine 15-jährige „Prüfpause“ für die Krim. Andererseits Russland: das Ziel der „Befreiung“ des Donbass sei erreicht, deshalb Rückzug aus der Gegend um Kiew / Kyiv.

Ich meine: die Neutralität ist ein vernünftiges Modell. Tatsächlich würde ich nach einer Zeit der Normalisierung (15 Jahre ???) sowohl auf der Krim als auch im Donbass über die staatliche Zugehörigkeit abstimmen lassen. Das sind russisch-sprachige Gebiete. Es gibt in der Ukraine ziemlich einige Menschen, die als Muttersprache Russisch sprechen und die sich sogar als Russen empfinden. Es gibt auch Menschen, die als Muttersprache Russisch sprechen und sich als Ukrainer empfinden: Selenskiy gehört zu ihnen.

Hatte ich das nicht schon vor 3 Wochen ganz ähnlich vorgeschlagen?

Ich will, dass dieses Grauen aufhört und vernünftige Menschen vernünftige Kompromisse aushandeln. Das wäre schon lange möglich. Dazu hätte es keines Krieges bedurft.

Mein Friedensplan

  • sofortiger Waffenstillstand, Abzug aller russischen Truppen aus der Ukraine
  • Die ukrainische Regierung bleibt im Amt. (Jedenfalls bis zur nächsten Wahl)
  • Neutralität für die Ukraine „nach österreichischem Muster“
  • Autonomie für die Provinzen Luhansk und Donezk nach dem Muster Südtirols
  • Nach einer Normalisierungsphase von einigen Jahren Volksabstimmungen über die staatliche Zugehörigkeit der Krim und der Bezirke Donezk und Luhansk in den betreffenden Gebieten unter internationaler Überwachung

Das Sprachen-„Problem“

Im Prinzip kann das alles kein Problem sein. Der Unterschied zwischen Russisch und Ukrainisch sei in etwa so groß wie zwischen Deutsch und Niederländisch, habe ich gelesen. (Also etwas größer als zwischen Deutsch und „Österreichisch“, wie ich angenommen hatte.) Deutsch und Niederländisch sind zwei sehr verwandte Sprachen, die in ihren Dialektlandschaften fließende Grenzen haben. Die Dialektgrenzen innerhalb des Deutschen sind viel stärker ausgeprägt als die zwischen niederdeutschen und niederländischen Dialekten. Aber die deutschen Dialekte haben sich in der deutschen „Standard“-Sprache ein gemeinsames „Dach“ geschaffen; und die niederländischen Dialekte in der niederländischen „Standard“-Sprache ebenfalls. Die Standards sind eindeutig verschieden; die Dialekte hätten verschwimmende Grenzen. Das wird zwischen dem Russischen und dem Ukrainischen ganz ähnlich sein.

Wie schaffen sich Dialekte „ein gemeinsames Dach“? Durch enge politisch-soziale-ökonomische Beziehungen. So entstehen ein deutsches, ein niederländisches, ein russisches, ein ukrainisches „Bewusstsein“.

Trotzdem kann man sich heute nicht vorstellen, dass „die Deutschen“ die Niederlande überfallen – wie sie das zuletzt noch ab dem 10. Mai 1940 tatsächlich getan haben. Das mag an den Wahnvorstellungen eines deutschen Führers gelegen haben. Dass „die Russen“ nun die Ukraine überfallen haben: liegt es an Wahnvorstellungen des russischen „Führers“?

Anyway: der eine hat es nicht lange überlebt: „nur“ 5 grauenhafte Jahre. Der andere ist für alle Zeiten gezeichnet.


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Kommentare

10 Antworten zu „Ein Friedensplan?“

  1. Avatar von michael bürkle
    michael bürkle

    Ein Absatz, den ich wieder herausgenommen habe, obwohl er m.E. stimmt, aber vom Thema zu weit wegführt:

    Der „westliche Beitrag“

    • Der „westliche“ Beitrag muss in einem konsequenten und schnellen Abbau der Abhängigkeit von russischer (oder saudischer, oder katarischer  …) Energie durch den schnellen Ausbau von nachhaltigen und regionalen Energiequellen wie Wind- und Solarenergie bestehen. Man darf sich in wesentlichen politischen Fragen nicht von Ländern abhängig machen, die noch keine gefestigten demokratischen Strukturen haben (und deshalb von Autokraten / Tyrannen / Despoten / „Führern“ regiert werden. (Auch nicht von den USA; denn auch die USA hatten bereits einen Autokraten / Tyrannen / Despoten.)
    • Das gilt auch für den Ausbau einer konsequenten sozialen und humanen Politik gegenüber Flüchtlingen, die sich nicht von Erdogan abhängig macht und die in eine großflächige wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Afrika mündet. Afrika muss attraktiv sein, nicht die Flucht nach Europa.
    • Eine EU-interne gemeinsame Bildungs-, Sozial- und Gesundheitspolitik, die ein Beispiel für Russland, die USA, den Balkan, die Ukraine und ganz Afrika wird. Länder wie Bulgarien und Rumänien werden auf mittel- und westeuropäische Standards gehoben. Das muss einhergehen mit einem Kampf gegen Korruption in allen Staaten der EU – auch in Österreich.
    • Eine radikale Klimapolitik, die es ermöglicht, Länder des globalen Südens lebenswert zu erhalten.
    • Eine gemeinsame EU-Verteidigungspolitik, die auf den Ausbau konventioneller Heere verzichtet, sondern massiv in Bildungs-, Sozial- und Gesundheitspolitik investiert. Es ist Irrsinn, aus der Politik Putins auf eine allgemeine Bewaffnung innerhalb der EU zu schließen.
  2. […] Angriffskrieg; das ist klar. Die Interessensgegensätze zwischen Russland und der Ukraine müssen und könnten auf dem Verhandlungsweg gelöst werden. Aber weder die Russen noch die Ukrainer wollen im Ernst […]

  3. Avatar von Whisker
    Whisker

    Also ich habe mit allen bisherigen Ideen für „Verhandlungen“ ein massives Problem, denn die laufen meiner Beobachtung nach immer nur darauf hinaus, dass die Ukraine doch bitte lieb sein und dauernd nachgeben soll, bis Russland vielleicht irgendwann zufrieden wäre.
    Aber: genau das spielts mit einem Präsidenten Putin halt einfach nicht, egal wie sehr man darauf hoffen mag.

    Weil für Menschen wie Putin sind Zugeständnisse nur ein Zeichen von Schwäche und Konzessionen nur ein Ansporn zu schauen, ob nicht vielleicht doch noch ein bisserl mehr geht – weil sie halt leider nur eine Sprache der Stärke verstehen, wie sie z.B. der ehemalige US-Präsident Theodore Roosevelt 1901 in einer Rede formulierte:
    „Speak softly and carry a big stick; you will go far“.

    Sprich: mit jemandem wie Putin kann man nur dauerhaft friedlich auskommen, wenn man unmißverständlich klarstellt: „pass auf, ich will keinen Streit, sondern dass wir uns gut verstehen, und ich garantiere dir, dass ich niemals als erster zuschlagen werde – aber falls du jemals als erster zuschlagen solltest, dann kriegst du von mir so dermaßen eine gescheuert, dass du danach deine Zähne einsammelst. Also sei brav und lass uns alle höflich bleiben und Freunde sein“.

    Und deswegen würde es mich in keiner Weise überraschen, wenn die Ukraine alle Vorschläge von Verhandlungen oder Kompromissen Ideen mit einem mehr oder weniger höflich formulierten „idi na khuy“ kategorisch ablehnt und nur noch mehr Interesse daran hat, so schnell wie es nur geht ein Mitglied der EU und vor allem der NATO zu werden: weil sie eben nur dadurch vor zukünftigen russischen Aggressionen sicher sein wird. Traurig, aber wahr.

    Und auch wenn ich den Pazifismus äußerst sympathisch finde (u.a. weil ich in meiner Zeit als Berufssoldat in den 90ern sehr viel darüber nachgedacht habe – weil im Falle eines Krieges wäre ich ja einer der ersten gewesen, die ihren Arsch riskieren hätten müssen, und deswegen wars mir extrem wichtig, dass es niemals zu einem Krieg kommt):
    Der Pazifismus hat es – genauso wie jede andere Ideologie – gefälligst zu akzeptieren, dass er Grenzen hat, und dass er gescheitert ist und nichts mehr ausrichten kann, sobald irgendjemand diese Grenzen überschreitet.

    Wenn der Pazifismus das nicht akzeptiert, dann verkommt er nicht nur irgendwann zu bloßer Feigheit, sondern überschreitet unter Umständen sogar irgendwann die Grenze zur Kollaboration – weil er sich dann an Verbrechen und Greueltaten mitschuldig macht, die er zwar nicht selbst verübt, aber deren robuste Verhinderung er behindert.

  4. […] die Damen und Herren, die den Offenen Brief abgeschickt haben, sehr. (Sie fordern auch ganz Ähnliches wie ich am 29.3.: Verhandlungen unter bestimmten […]

  5. […] Mit Szenarien. Für die Szenarien als Themen der Verhandlungen schlage ich „meinen“ Friedensplan vor (der schon lange nicht nur meiner […]

  6. […] bringe noch einmal meinen Friedensplan vor. Ich hab ihn bereits am 29.März und in der Grundstruktur schon am 7. März […]

  7. […] Ukraine diskutiert. Meinen Friedensplan habe ich hier in meinem Blog schon 7 mal publiziert (7.3., 29.3., 21.5., 1.6., 7.6., 30.6., 12.10.). Er besteht i.W. aus folgenden Punkten (Formulierung i.W. vom […]

  8. […] „Kriegserklärung“ 29.3.2022: Ein Friedensplan? 21.5.2022: Diplomatie – statt Krieg! 30.6.2022: „Kriegsmüde?“ – Ja, ich. […]

  9. […] Nachlesen: 29.3.22: Ein Friedensplan? 21.5.22: Diplomatie – statt Krieg! 1.6.22: Ukraine – wie zu erwarten war 7.6.22: „nur auf dem […]

  10. […] diesem Zeitpunkt, am 29.3.2022, habe ich das erste Mal eine Art Friedensplan veröffentlicht. Das habe ich seither immer wieder getan, i.W. immer in unveränderter […]

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