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Michael Bürkle

Uralte Friedenspläne für die Ukraine

Kurzer Blick zurück

2014 besetzte Russland die damals zur Ukraine gehörende Halbinsel Krim. Damit begann der „Russisch-Ukrainische Krieg“. Nach der Besetzung der Krim gab es eine relative „Ruhe“, einen sog. „Waffenstillstand“ oder einen „lauwarmen Krieg“, bis am 24.2.2022 durch einen massiven Angriff russischer Truppen der bis heute andauernde „heiße“ Krieg ausbrach. Russlands Ziel war offensichtlich eine schnelle Eroberung der Ukraine mit der Installation einer russlandtreuen Regierung. Dieser Plan ging nicht auf; Ende März zogen sich die russischen Truppen weitgehend in den Osten der Ukraine zurück.

Schon nach wenigen Tagen, aber spätestens seit Ende März 2022 war klar, dass eine Art lange dauernder Stellungskrieg entstanden war, in dem die Ukraine durch westliche Unterstützung (USA und EU) in etwa Waffengleichheit erreichte. Friedensverhandlungen waren seitdem überfällig; sie fanden nicht statt, was ungeheure Schäden an Menschenleben und Infrastruktur zur Folge hatte. Wer die daran Schuldigen sind, ist mir nicht zur Gänze klar; es kann sein, dass nicht Putin allein das Problem war.

Mein erster Friedensplan

Zu diesem Zeitpunkt, am 29.3.2022, habe ich das erste Mal eine Art Friedensplan veröffentlicht. Das habe ich seither immer wieder getan, i.W. immer in unveränderter Form:

– Rückzug russischer Truppen aus allen ukrainischen Gebieten
– eine Neutralität der Ukraine nach österreichischem Muster (keine NATO-Mitgliedschaft, aber EU-Mitgliedschaft möglich)
– eine Autonomie der russisch-sprachigen Provinzen Donezk und Luhansk (und Krim) nach Südtiroler Muster
– nach einer mehrjährigen Cool-Down-Phase (oder ukrainisch „Prüfpause“) in den Gebieten Donezk und Luhansk und auf der Krim Volksabstimmungen über die Staatszugehörigkeit

… aber!

Im Dezember 2024 unternahm der ukrainische Präsident Selenskiy eine fundamentale Kehrtwende, indem er eine militärische Rückeroberung der besetzten Gebiete für nicht machbar erklärte und eine diplomatische Lösung ins Spiel brachte. US-Präsident Trump, der oft damit geprahlt hatte, den Konflikt innerhalb eines Tages lösen zu können, verlor aber de facto den Krieg für die Ukraine im Februar 2025 kurz nach seinem Amtsantritt als „Trump 2.0“.

Ukraine-Situation

Die Ukraine ist ein geteiltes Land; der Osten, im Besonderen die Provinzen Donezk und Luhansk, spricht i.W. Russisch, der Rest i.W. Ukrainisch, eine Sprache, die mit Russisch eng verwandt ist – etwa so wie Niederländisch im Verhältnis zu Deutsch. Viele Ukrainer*innen sind (mindestens) zweisprachig, z.B. auch Präsident Selenskiy. Diese Aufteilung hat sich immer wieder auch in Wahlergebnissen gezeigt.

Die russisch-ukrainischen Beziehungen sind über die Jahrhunderte historisch komplex; im 20. Jahrhundert kam es innerhalb der Sowjetunion u.a. 1932/33 zu einer „wissentlich erzeugten Hungersnot“ („Holodomor“), in der mehrere Millionen Ukrainer*innen verhungerten. Inwieweit es sich dabei um eine Art Völkermord handelte, ist umstritten.

Russland als „Nachfolger“ der Sowjetunion

Der russische Präsident Putin, den man ob des militärischen Annexionsversuchs als Kriegstreiber und Kriegsverbrecher betrachten muss, betrachtet die Ukraine offensichtlich als Teil eines russischen Einflussgebiets. Die Eroberung oder mindestens Teileroberung der Ukraine dient aus seiner Sicht einer Rekonstruktion dessen, was er noch als Einflussgebiet der Sowjetunion kennengelernt hatte. Der Osten der Ukraine, der im Donezkbecken (Donbass) stark industrialisiert ist und den Weg zum Schwarzen Meer ebnet oder versperrt, ist dabei besonders interessant.

Insofern ist der Russisch-Ukrainische Krieg als Teil des Versuchs verstehbar, das ehemalige Sowjetreich, das i.W. in den Friedensverhandlungen nach dem Zweiten Weltkrieg in Jalta entstanden war, unter neuer russischer Führung zu rekonstruieren. Wenn das stimmt, sind ehemalige Länder des „Warschauer Pakts“, die sich mittlerweile weitgehend westlich orientiert haben – Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Bulgarien, Rumänien, Moldawien – mögliche Ziele einer Expansion Russlands unter Putin. Das erklärt u.a. das Interesse der EU daran, dass Russland den Krieg gegen die Ukraine nicht gewinnt.

Was hätte ein Friedensplan gebracht?

Was hätte ein Friedensplan (wie meiner) gebracht?

  • Russland hätte kein weiteres NATO-Land an seinen Grenzen gehabt
  • Die Ukraine hätte den EU-Aufnahmeprozess starten können
  • Es wären keine enormen Schäden an Menschenleben und Infrastruktur entstanden
  • Die Ukraine könnte heute ihre Bodenschätze (z.B. „Seltene Erden“), aber auch riesige Mengen an landwirtschaftlichen Produkten auf dem Weltmarkt anbieten (statt an die USA abtreten)
  • Donezk, Luhansk und die Krim könnten unter Umständen in einigen Jahren offiziell russisch werden – was bereits in Kürze womöglich sowieso der Fall ist. Relevant dabei wäre (gewesen), in welchem Ausmaß ein EU-Beitritt für die gesamte Ukraine einen wirtschaftlichen Aufschwung bedeuten würde

Aber offenbar wollten beide Teile Krieg führen – auf dem Rücken der ukrainischen Bevölkerung. Wie viele Tote und wie viele Schäden braucht es, bis die Wahnsinnigen begreifen? Wie viele Kriegsverbrecher (außer Putin, den sowieso!) erkennen wir?


zum Nachlesen meine Beiträge zu Friedensbemühungen:
7.3.22: „Kriegserklärung“?
29.3.22: Ein Friedensplan?
21.5.22: Diplomatie – statt Krieg!
1.6.22: Ukraine – wie zu erwarten war
7.6.22: „nur auf dem Schlachtfeld“?
12.10.22: Ukraine: Terror statt Krieg
25.10.22: Ukraine: mein Friedensplan
18.2.23: Richtiges und Falsches
7.6.23: Ukraine: Der Krieg ist eine Katastrophe …
6.12.24: Frieden für die Ukraine?
19.2.25: Trump 2.0 verliert den Krieg

Ist die Sache zur Gänze gegessen? Nein. Einige EU-Politiker*innen versuchen, zu retten was noch zu retten ist. Claude Malhuret gehört zu ihnen.


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